Reinigung von Containerschiffen – Effizienz, Biofouling & Technik

Reinigung von Containerschiffen

Ein Containerriese läuft in den Hafen von Singapur ein. Zuvor kam er aus Shanghai, beladen mit Waren für den europäischen Markt. Das nächste Ziel ist Rotterdam, einer der wichtigsten Umschlagplätze Europas. An Bord werden 500 Container gelöscht und im gleichen Zug 500 neue geladen – das Schiff bleibt vollständig ausgelastet.

Nach dem Auslaufen zeigt sich jedoch ein bemerkenswerter Unterschied: Während die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Fahrt von Shanghai bei 19 Knoten lag, erreicht das Schiff nun 21 Knoten – und das ohne eine Erhöhung der Motorleistung oder des Treibstoffverbrauchs.

Die Erklärung für dieses Phänomen liegt nicht im Maschinenraum, sondern unterhalb der Wasserlinie.

Industrietaucher im Einsatz

Während des Aufenthalts im Hafen nutzten spezialisierte Industrietaucher die Gelegenheit, den Schiffsrumpf zu reinigen. Sie entfernten Ablagerungen wie Algen, Seepocken und Muscheln, die sich während der Fahrt angesetzt hatten.

Die Arbeit erfolgt in schwierigen Bedingungen: trübe Sicht, starker Wellengang und die Nähe zu gigantischen Schiffsschrauben machen diese Tätigkeit zu einem riskanten Beruf. Dennoch ist diese Dienstleistung unverzichtbar für den effizienten Betrieb moderner Frachtschifffahrt.

Biofouling – der unsichtbare Gegner der Effizienz

Entstehung von Ablagerungen

Das Phänomen wird als Biofouling bezeichnet. Bereits wenige Sekunden nach dem Kontakt mit Meerwasser bildet sich auf Metalloberflächen ein dünner Biofilm aus organischen Molekülen. Dieser dient als Grundlage für Mikroorganismen, Bakterien und Algen.

Nach einigen Wochen können sich bereits sichtbare Schichten bilden, die später durch hartnäckige Organismen wie Muscheln oder Schwämme ergänzt werden. Diese erhöhen den Strömungswiderstand erheblich.

Auswirkungen auf Verbrauch und Kosten

Ein bewachsener Schiffsrumpf kann den Treibstoffbedarf um bis zu 40 Prozent steigern. Angesichts der enormen Mengen an Schweröl, die Frachter täglich verbrennen, bedeutet dies nicht nur erhebliche Mehrkosten, sondern auch einen deutlichen Anstieg der CO₂-Emissionen.

Wirtschaftliche Bedeutung regelmäßiger Reinigung

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 verdeutlichte den ökonomischen Nutzen: Schon mittelgroße Tanker sparen durch regelmäßige Reinigung mehrere Hunderttausend US-Dollar an Treibstoffkosten pro Jahr. Bei den größten Containerschiffen mit Längen von bis zu 400 Metern fallen die Einsparungen noch deutlich höher aus.

Damit zeigt sich, dass die Sauberkeit eines Schiffsrumpfes direkte Auswirkungen auf die Kosten der globalen Logistik hat – und indirekt auch auf die Preise von Konsumgütern in den Zielländern.

Methoden der Reinigung

Wartung im Trockendock

Etwa alle fünf Jahre werden große Schiffe in ein Trockendock gebracht. Dort erfolgt eine umfassende Inspektion, gegebenenfalls Reparaturen sowie eine gründliche Reinigung des Rumpfes mit Hochdruckstrahlern von bis zu 3000 Bar. Anschließend wird eine Antifouling-Beschichtung aufgetragen, die ein erneutes Ansiedeln von Organismen verlangsamt.

Diese Maßnahme ist jedoch kostenintensiv: Sie kann bis zu eine Million Euro verschlingen und erfordert lange Liegezeiten.

Reinigung im Wasser

Kostengünstiger und flexibler ist die Reinigung im Wasser, die von Industrietauchern durchgeführt wird. Mit Bürsten, Spezialwerkzeugen und teilweise auch Unterwasserfahrzeugen wird der Rumpf von Bewuchs befreit. Besonders der Propeller und die Ruder sind entscheidend, da bereits geringe Ablagerungen die Effizienz massiv beeinträchtigen können.

Sicherheit als oberste Priorität

Die Arbeit in unmittelbarer Nähe von Antriebsanlagen erfordert höchste Sicherheitsstandards. Ein etabliertes Verfahren ist das sogenannte Lockout-Tagout-Tryout-System (LOTO). Dabei werden Maschinen und Schalter mechanisch verriegelt, sodass während der Arbeiten keine Gefahr durch versehentlich gestartete Motoren besteht.

Diese Vorgehensweise schützt die Taucher und verhindert Unfälle, die in dieser Umgebung lebensgefährlich wären.

Technische Innovationen und Zukunftsaussichten

Einsatz von Maschinen und Robotern

Neben manuellen Arbeiten setzen Reedereien zunehmend auf Unterwasserfahrzeuge, die sich magnetisch am Rumpf befestigen und große Flächen automatisiert reinigen. Moderne Systeme sammeln den abgetragenen Bewuchs gleichzeitig ein, um die Verbreitung fremder Arten oder Schadstoffe zu verhindern.

Darüber hinaus entwickeln Start-ups autonome Roboter, die kontinuierlich über die Schiffswände fahren und Ablagerungen schon im Frühstadium entfernen. Ziel ist ein dauerhaft sauberer Rumpf ohne aufwändige Eingriffe im Hafen.

Grenzen der Automatisierung

Trotz technischer Fortschritte bleibt der menschliche Taucher unverzichtbar. Besonders komplexe Bereiche oder schwer zugängliche Stellen erfordern Erfahrung, Flexibilität und schnelle Entscheidungen, die Maschinen bislang nicht leisten können.

Industrietaucher – ein Beruf im Verborgenen

Der Beruf des Industrietauchers ist wenig bekannt, aber unverzichtbar. Er erfordert körperliche Fitness, technisches Wissen und die Bereitschaft, unter extremen Bedingungen zu arbeiten. Gleichzeitig gehört er zu den besser vergüteten Berufen im maritimen Umfeld, da die Bedeutung für die Wirtschaft enorm ist.

Fazit: Kleine Maßnahme, große Wirkung

Die Reinigung von Containerschiffen wirkt unscheinbar, hat jedoch globale Bedeutung. Saubere Schiffsrümpfe sorgen für geringeren Treibstoffverbrauch, niedrigere Kosten und weniger Emissionen. Ohne diese regelmäßige Arbeit würden Transporte länger dauern, teurer werden und die globale Lieferkette aus dem Gleichgewicht geraten.

Ob durch Taucher, Maschinen oder zukünftige Roboter – die Bekämpfung des Biofouling ist ein unsichtbarer, aber entscheidender Faktor der internationalen Schifffahrt.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant …